Das Weinland Schweiz
Zwischen dem Genfer- und dem Bodensee sind 14’835 Hektar (Stand 2014) mit Reben bestockt. Von Basel bis Chiasso keltern zahlreiche Winzer spannende Weine.
Der Reb- und Weinbau in der Schweiz hat eine lange Tradition. Älteste Zeugnisse werden auf das Jahr 800 vor Christus datiert. Römische Siedler bringen neue Sorten und Keltertechniken ins Land. Mönche beginnen im Mittelalter imposante Terrassen anzulegen, die einige Landstriche bis heute prägen, und ihr Bedarf an Wein (nicht nur) für die Heilige Messe sichert die Existenz des Weinbaus. Nach der Reblauskrise übernehmen Schweizer Forschungsanstalten eine führende Rolle in der Entwicklung neuer, resistenter Rebsorten. So kommt es, dass Schweizer Wein im eigenen Land hoch angesehen ist und auch gerne selber getrunken wird.
Dabei präsentiert sich die Schweizer Weinlandschaft enorm abwechslungsreich. So unterscheiden sich die sechs Weinbauregionen (Wallis, Waadt, Genf, Drei-Seen-Region, Deutschschweiz und Tessin) in der Bodenbeschaffenheit, dem Mikroklima sowie durch handwerkliche Besonderheiten.
Wie viele Winzer das Land zählt, weiss nicht einmal der Branchenverband Schweizer Reben und Wein. Laut der letzten Erhebung dürften es zirka 7000 hauptberufliche Weinbauern (Traubenproduzenten) sein, von denen rund 2500 selbst keltern. In Tat und Wahrheit ist die Schweizer Reblandschaft noch viel kleinteiliger. Zahlreiche Hobby- und Sonntagswinzer pflegen mit Hingabe ihre paar Rebstöcke. So soll es allein im Wallis 120’000 einzelne Rebparzellen geben.
Die Grenzen zwischen den Weinbauregionen verlaufen jedoch nicht immer eindeutig. Genfer Winzer zum Beispiel bewirtschaften 130 Hektar Reben auf französischem Staatsgebiet. Die Reben des Mont Vully zwischen dem Murten und dem Neuenburgesee stehen zu zwei Dritteln auf Freiburger und einem Drittel auf Waadtländer Boden. Obwohl am Bielersee Deutsch gesprochen wird, zählt die Region wegen der Rebsorte Chasselas zur Westschweiz, während das übrige Kantonsgebiet Berns und die Riesling-Silvaner- und Blauburgunder-Rebflächen am Thunersee der Deutschschweiz zugeordnet werden. Den französischsprachigen Jura, der in allen Schweizer Weinbüchern vergessen geht, ordnen wir der Drei-Seen-Region zu. Und das Bündner Misox, hauptsächlich mit Merlot bestockt, wird in der Schweizer Weinbaustatistik dem Tessin zugeordnet.
Kaum ein Land kennt eine dermassen grosse Vielfalt an Rebsorten wie die Schweiz. Über 200 sind zugelassen oder stehen zu Versuchszwecken unter Beobachtung. Dies obwohl Ende des 19. jahrhunderts die aus Amerika eingeschleppte Reblaus fast alle Rebberge vernichtete und in der Folge die meisten Flächen hauptsächlich mit pflegeleichten Sorten, die viel Ertrag versprachen, neu bepflanzte. Vielerorts produzieren die Winzer aus einer Sorte gleich mehrere Weinstile und dies – wie im Wallis üblich – aus einem Dutzend Rebsorten. Oft gelangen von solchen Weinspezialitäten nur kleinste Mengen auf den Markt. Wohl deshalb scheint die Weinlandschsaft Schweiz auf den ersten Blick enorm unübersichtlich.
Und noch eine Eigenheit sorgt in der Schweizer Weinlandschaft für Verwirrung: es gibt keine Wein-Hierarchie. In unseren Nachbarländern wird die Basis als «Wein» ohne geografische Angabe bezeichnet. Eine Stufe höher folgt die «geschützte geografische Angabe» g.g.A., PGI oder IGT und diese wiederum wird von der «geschützten Ursprungsbezeichnung» g.U., PDO oder AOC gekrönt. Bei uns hingegen tragen 95 Prozent der Produktion eine Appellation d’Origine Controlé – also die Krone. Cru-Klassifikationen gibt es nur vereinzelt: die älteste ist Dézaley Grand Cru (am 12. Juli 1995 wurde in Chexbres eine Vereinigung mit dem Namen «Appellation Dézaley Grand Cru» gegründet), die erste mit einer strengen Richtlinie führten die Winzer von Salgesch 1988 ein (Grand Cru der Gemeinde Salgesch) und mit «Premièr Grand Cru Classé» steht den Waadtländer Winzern seit dem Jahrgang 2011 eine Klassierung zur Verfügung, um die sie sich jeder Jahr erneut bewerben müssen.
Nich zuletzt etwas zum Schmunzeln: Auf der einen Seite finanziert der Schweizer Staat die Weinproduktion via Agrarbudget und unterstützt teilweise auch die Absatzförderung um auf der anderen Seite via Präventionsbudget einen möglichen Missbrauch zu bekämpfen.
weinlandschweiz.ch empfiehlt daher einen regelmässigen aber moderaten Genuss von Schweizer Wein.