2015-05-26

Schweizerisches Observatorium des Weinmarktes

Mit dem «Observatorie Suisse du Marché des Vins» (OSMV) präsentierte der Branchenverband Schweizer Reben und Wein (BSRW) heute in Bern seinen ersten Quartalsrapport. Dieses von der Hes-so Fachhochschule Westschweiz und Changins haute école des viticulture et oenologie erarbeitete Papier bringt der Schweizer Weinbranche ein präzises und verlässliches Arbeitsinstrument, welches erlaubt, das Angebot in Richtung Nachfrage zu leiten und die regionalen und nationalen Marketingstrategien anzupassen.

Dass Schweizer Weine seit der Öffnung der Grenzen und der Liberalisierung der Importe im Jahr 2001 mit einer starken Konkurrenz konfrontiert sind, ist eine Tatsache, die sich am heutigen, nass-kalten Dienstag Vormittag nicht schönreden lässt. Auch kann der Weinkonsum mit einer neuen Interpretation von statistischem Zahlenmaterial nicht angekurbelt werden. «Nachdem sich im 2013 der Konsum von Schweizer Wein etwas erhöhte, tendieren die Marktanteile im 2014 wieder leicht nach unten», schreibt Projektleiter Philippe Delaquis im Vorwort des ersten OSMV-Rapports. «Ein ähnliches Observatorium existierte bereits früher», sagt Thierry Walz, Präsident des BSRW. Einzig die Kantone Wallis und Waadt haben die Marktbeobachtung weitergeführt. Changins sammelte ähnliche Daten nur am Rande.
Auf nationaler Ebene liefert seit Jahren die weinwirtschaftliche Statistik des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW (Das Weinjahr) solche Zahlen. Serviert der Branchenverband mit dem OSMV alten Wein in neuen Schläuchen?

Auf den ersten Blick scheint das so. Doch beim genaueren Hinsehen unterscheidet sich das im Aufbau befindende «Observatorie Suisse du Marché des Vins» von der Statistik. Mit Hilfe von Analysen sollen Vorhersagen zur Schweizer Weinwirtschaft gemacht werden können. So ist der oben erwähnte Abwärtstrend nicht allein den Konsumentenpräferenzen zuzuschreiben. Denn die Verfügbarkeit des Schweizer Weines hat im 2014 nach zwei kleinen Ernten im Durchschnitt um 5,1 Prozent abgenommen. «Da ist es verständlich, dass das Verkaufsvolumen beim Grosshandel nicht gehalten werden konnte», präzisiert Philippe Delaquis.

Genau dort setzt der OSMV-Rapport an: beim Grosshandel. Dazu gehören Coop, Denner, Manor, Globus und Volg. Ebendieser Grosshandel verkaufte im Jahr 2014 etwas mehr als 24 Millionen Liter Schweizer AOC-Wein. Landi, Aldi und Lidl, die als Weinhändler zunehmend an Bedeutung gewinnen, wurden im ersten Rapport nicht berücksichtigt. Dies entspricht einem geschätzten Umsatz von 290 Millionen Franken. 51,1 Prozent des verkauften Weines war Weisswein. Die Winzer der Kantone Wallis und Waadt sind die Hauptpartner des Grosshandels und decken 85 Prozent von deren Verkaufsvolumen an Schweizer Wein ab.
Trotz dem Verkaufsrückgang im Grosshandel (-1,6 % im Wert und - 2,7 % beim Volumen) im vergangenen Jahr, gibt es auch einen Lichtblick: Der durchschnittliche Literpreis ist um 1,1 Prozent angestiegen.

Nach der Aufhebung des Euro-Franken-Wechselkurses durch die Nationalbank gerät Schweizer Wein erneut unter Druck. Deshalb erachtet es die Weinbranche als wichtig, den Schweizer Weinmarkt zu beobachten und Analysekapazitäten aufzubauen. Somit können die Einflussfaktoren von Angebot und Nachfrage und deren Entwicklung untersucht, die Bedürfnisse der Konsumenten besser verstanden und die Marketingstrategie und die Verkäufe des Schweizer Weines angepasst werden. Am Ende soll das Observatorium die Säule für die gesamte Schweizer Weinbranche werden.

Ziel des Forschungsprojekts
Der Aufbau des OSMV soll den Entscheidungsträgern eine wissenschaftlich fundierte Informationsbasis zur Verfügung stellen. Die Informationen und Analysen helfen der Branche folgende Ziele zu erreichen:

  • Steigerung des Bruttoertragswertes des Schweizer Weinbaus
  • Erhalt der Anbaufläche des Schweizer Weinbaus
  • Verbesserung der Marktverständnisse

Bereist während eines Ateliers am 1. Oktober 2013 formulierten 21 Vertreter der Schweizer Winbranche in Changins die Erwartungen:

  • Effizienzsteigerung der Qualitätsstrategie Schweizer Reb- und Weinbau 2020
  • Bewertung der öffentlichen Weinbaupolitik zur Angebotssteuerung und -strukturierung, Absatzförderung und Umsetzung der kantonalen Richtlinien
  • Festlegen der Langzeitinvestitionen aufgrund der Marktentwicklung
  • Verbesserung des Angebotes (Menge und Preis) gestützt auf einer präzisen Kenntnis der Konsumentenpräferenzen
  • Förderung des Umdenkens der Weinmarktakteure in Richtung Kundenorientierung
  • Messung der Promotionseffizienz Schweizer Weine
  • Verstärkung der Positionierung der Schweizer Weinbauern und Selbstkelterer gegenüber internationaler Konkurrenz

Perspektiven und Partner
Das Forschungsprojekt führt zum Aufbau eines Kompetenzzentrums im Bereich Weinökonomie, welches der Weinbranche Analysen und Konjunkturprognosen auf halb- und vierteljährlicher Basis vorlegt. Auf Anfrage wird das OSMV auch spezifische Studien oder Expertisen durchführen.

Das Zielpublikum sind Selbstkelterer und andere Produzenten von Schweizer Trauben und Wein, Berufsverbände und Fachgruppen für Weinbau und Oenologie sowie nationale und kantonale Dienste im Bezug zu Weinbau und Oenologie.

Die nächsten Entwicklungsschritte werden sich mit der Datenerhebung des Marktes befassen, dies in direkter Zusammenarbeit mit den Weinproduzenten und Selbstkelterern. Bis Ende 2017 wird das Projekt vom Bundesamt für Landwirtschaft co-finanziert. Danach soll der Branchenverband die Kosten von rund 350.000 Franken pro Jahr für das von Changins betriebene Kompetenzzentrum im Bereich Weinökonomie alleine aufbringen. Bereits jetzt zählt Changins auf die aktive Beteiligung der Schweizer Weinproduzenten und Selbstkelterer, damit seine Marktdatenbank erweitert werden kann.

Interessant wird es, wenn am 1. September die Analysen der anderen Absatzkanäle als die Verkäufe in Supermärkten präsentiert werden.

Hauptpartner sind:

  • der Branchenverband Schweizer Reben und Wein (BSRW)
  • die Swiss Wine Promotion (SWP) und die Bureaus der sechs Weinbauregionen OPAGE, OVV, IVV, OVPT, BDW und Ticinowine
  • das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)
  • Changins haute école de viticulture et oenologie
  • die Schweizer Weinhandelskontrolle (SWK)

Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich begleitet das Projekt wissenschaftlich. Zahlreiche weitere Verbände und Vereinigungen haben ihre Unterstützung zugesichert.

Weblink: www.osmv.ch

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Marktanteile der Schweizer Weine

Ein Auszug aus den OSMV-Analysen

  • 52 Prozent der in Grossverteilern verkauften AOC-Weine stammen aus dem Wallis, das etwa einen Drittel aller Schweizer Weine produziert und somit sehr gut vertreten ist. 33 Prozent der Weine stammen aus der Waadt. Genf, der drittgrösste Weinbaukanton ist mit nur zwei Prozent in den Regalen der Supermärkte stark untervertreten.
  • Bei den Rotweinen ist das Wallis mit 62 Prozent Leader. Darauf folgt die Deutschschweiz mit 13 Prozent, Waadt mit 12 Prozent und das Tessin mit 10 Prozent.
  • Bei den Weissweinen hat die Waadt mit 55 Prozent die Nase vorne. Dicht gefolgt vom Wallis mit 37 Prozent. Die übrigen Weinbaugebiete sind mit marginalen ein bis drei Prozent vertreten.
  • Interessant ist, dass die Heimat des Oeil-De-Perdrix, Neuenburg, beim Rosé nur mit fünf Prozent vertreten ist, das Tessin überhaupt nicht vorkommt und das Wallis den Löwenanteil von 79 Prozent liefert. Dabei hat das Rosé-Volumen im Tessin um 18,9 Prozent zugenommen. Im gleichen Atemzug sind die Preise um 11,4 Prozent gesunken. Um 14,8 Prozent und mit einem Preisanstieg von 2,8 Prozent vermeldet Genf erfreuliches.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit einem Klick auf das Bild kann der 62seitige Rapport in Französischer Sprache heruntergeladen werden (4,4 MB).