2018-01-16

Hoteliers übernehmen Rebberg am Thunersee

Drei Hoteliers aus der Region Thunersee haben sich zusammengeschlossen, um künftig den Rebberg Stampbach zwischen Gunten und Merligen zu bewirtschaften.

Der Rebberg Stampbach auf der Nordseite des Thunersees vom See aus gesehen ... (Bilder Stampbacher)

Die drei Hoteliers Stefan Joos vom «Schönbühl Hilterfingen», Roman Zahler von der «Krone Thun» und Chris Rosser vom «Schützen Steffisburg» haben sich zum Ziel gesetzt, den Rebberg Stampbach zwischen Gunten und Merligen am Thunersee zu retten. Dafür gründeten sie den Verein «Freunde Rebberg Stampbach». Per 1. Januar 2018 hat der Verein den Rebberg in Gebrauchsleihe übernommen.

Alle drei Betriebe sind gleichermassen beteiligt und schiessen anteilmässig gleich viel Geld in den Verein ein, damit bevorstehende Unterhalts- und Instandhaltungsarbeiten getätigt werden können. Der Verein verfolge nicht einen betriebswirtschaftlichen Gewinn, sondern insbesondere die Erhaltung des Rebberges und den Mehrwert für die Mitarbeitenden der Betriebe und deren Gäste, heisst es in einer entsprechenden Mitteilung. Der so entstehende neue «Stampbacher» AOC Thunersee wird ausschliesslich und exklusiv in den drei Betrieben erhältlich sein. Zusätzlich Mitglied werden im Verein können private Personen sowie auch Unternehmen und Institutionen.

... die Steillage von oben ...

Übernahme von Rebbaugenossenschaft
Seit 1984 wird durch die Rebbaugenossenschaft Stampbach mit viel Herzblut der Rebberg Stampbach zwischen Gunten und Merligen in der Gemeinde Sigriswil bewirtschaftet. Auf 31 Aren gedeihen Reben in einer süd-west exponierten Lage auf 570 bis 600 Meter über Meer. Seit zwei Jahren sind die Besitzer auf der Suche nach einer Nachfolgeregelung, was sich bisher als schwierig herausstellte. Nun haben sich drei Hoteliers der Region Thunersee zusammengeschlossen, um den Stampbacher Rebberg künftig zu erhalten und zu betreiben.

Einen Rebberg zu bewirtschaften und unterhalten bedeutet viel Aufwand: Nur mit ausserordentlichen Engagement ist es möglich, die vielen vom Wetter abhängigen Arbeiten am Rebberg zu bewerkstelligen. Zudem braucht es für ein erfolgreiches Produkt grosses Fachwissen und der Absatz muss entsprechend organisiert sein. Kleine Rebberge, wie der «Stampbacher», lohnen sich meist betriebswirtschaftlich nicht.

Der Realisierungsplan steht
Am 1.Januar 2018 übernahm der neu gegründete Verein den Rebberg. Für die nächsten Monate ist die Einarbeitung und Aufgabenverteilung geplant. Danach soll der Start der Arbeiten am Rebberg beginnen. Im Sommer 2019 soll bereits der ersten Jahrgangs 2018 exklusiv in den 3 Betrieben verkauft werden.

Die drei Betriebe «Schönbühl», «Krone» und «Schützen» beschäftigen weit über 100 Mitarbeitende. Die wiederkehrenden Arbeiten werden vom gesamten Team erledigt, aber auch Gäste, Partner, Lieferanten und Freunde haben die Möglichkeit, bei diesem Projekt mit zu arbeiten und Ihren Teil zum Gelingen des Projektes zu leisten. Mit Erich Andrey haben die neuen Betreiber einen ausgewiesenen Profi engagieren können, welcher die heiklen Momente wie das Schneiden und Spritzen der Reben begleitet. Zudem übernimmt er auch weitere wichtige Aufgaben wie Schulung und Kontrolle.

... und die grandiose Sicht auf den Niesen.

Mitarbeitende und Gäste werden einbezogen
Die Ziele des Vereins seien primär, den Rebberg und Stampbacher-Wein mit dem Gütesiegel AOC Thunersee zu erhalten. Dazu komme das gesellige Vereinsleben mit Gleichgesinnten und die gemeinsame Herstellung von Schweizer Qualitätswein. Dazu werde generelles Weinwissen vermittelt und verschiedene Personen sollen für dieses aufwendige Produkt sensibilisiert werden.

Die Initianten erhoffen sich mit diesem Projekt eine Integration der Mitarbeiter, Gäste, Lieferanten und Partner inklusive Schulungszwecken für die Lernenden und Mitarbeiter. Ausserdem sind Zusatzangebote für die Gäste und Kunden in den Bereichen Seminar & Events geplant. Nicht zuletzt soll der Rebberg eine Abwechslung für die Mitarbeitenden schaffen.

Die Geschichte des Rebberges
Am Rebberg Stampbach gedeihen 4 Aren Riesling-Sylvaner, 14 Aren Pinot Noir und 13 Aren Regent. Seit mehr als tausend Jahren ist der Rebbau am Thunersee urkundlich erwähnt. Während sich einst die Rebhänge hier ähnlich derjenigen am Bieler- oder Neuenburgersee zeigten, führte der Konkurrenzdruck durch Weine aus der Westschweiz und dem Burgund, sowie Pilz- und Schädlingsbefall (Mehltau-Reblaus), zum Verschwinden aller Reben aus der Region um den Thunersee.

Anfangs der Achtziger Jahre reifte der Entschluss bei der Familie Woker, Eigentümer des Oberstampbach, zusammen mit Gleichgesinnten den Rebbau hier wieder auferstehen zu lassen. Ermutigt wurden die Initianten durch die beiden damals bereits seit 50 Jahren existierenden Rebbaugenossenschaften Spiez und Oberhofen. Zeuge der früheren Bewirtschaftung sind auch hier ehemalige Rebmauern, welche sich durch das steile und gut besonnte Gebiet westlich der Stampbach-Schlucht hinziehen. Angetan zeigte sich auch der Rebbaukommissär von dieser dritten Neupflanzung am Thunersee, so dass dem Eintrag in den Rebkataster des Kantons Bern nichts im Wege stand und der Stampbacher Wein heute mit dem Prädikat Thunersee AOC sowie als Lagenwein vermarktet werden darf.

Ursprünglich beschränkte sich der Anbau auf die Sorten Riesling-Sylvaner und Blauburgunder, doch zeigte es sich von Vorteil als Ersatz auf dem halben «Roten Rebberg» die resistentere und früh reifere Sorte Regent anzubauen. 2011 wurde ein Teil der mittlerweilen fast 30-jährigen Blauburgunder Reben durch eine Neupflanzung derselben Sorte, bei gleichzeitiger Neuterrassierung, ersetzt. Dank der Initiative von Pro Natura der Region Thun ist es gelungen, die Trockenmauer zwischen dem «weissen Rebberg» und dem Pilgerweg im Sommer 2011 neu aufzubauen und so die Vielfalt an Fauna und Flora zu erhalten.


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