2009-10-10

2009 – Das Weinjahr

Die Weinlese 2009 dürfte in die Annalen der Geschichte eingehen, denn alle Zeichen deuten auf einen aussergewöhnlichen Jahrgang hin. In den Weinbaugebieten der Schweiz sind sich die Fachleute bezüglich der hohen Qualität der gelesenen Trauben einig.

Und auch was das Erntevolumen angeht, herrscht allgemeine Zufriedenheit. 2009 wurden 1’113’543 Hektoliter (hl) gelesen. Das sind 39’074 hl oder 3.6 Prozent mehr als 2008. Die Rebfläche der Schweiz nimmt weiterhin leicht ab. Im 2009 beträgt diese 14’820 Hektaren (ha). Das ist ein Minus von 22 ha gegenüber dem Vorjahr.
Nach einem langen, kalten und verschneiten Winter hielt im April der Frühling Einzug und die Vegetation erwachte ruckartig. Bis Juni herrschte trockenes und warmes Wetter und leitete einen rapiden Blütebeginn in den meisten Rebbergen der Schweiz ein.

Auf einen mit regenreichen Sommer folgte ein Traumhafter Herbst. Die Trauben konnten ein Maximum an Sonne einfangen, diese als Zucker in den Trauben einlagern und eine gute Reife erreichen. Der Gesundheitszustand der Trauben war hervorragend und die Winzer konnten während der gesamten Weinlese auf freundliches Wetter zählen. Gemäss Umfragen sind die Winzer sehr zufrieden. Einziger Dämpfer waren die Hagelschläge, die über vereinzelten Regionen niedergingen.?Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft

Auf der Zielgeraden zum Jahrhundertwein

Schwizer Winzer Sitzen wie auf Nadeln: Wenn das Wetter keine Kapriolen mehr schlägt, könnten sie einen der besten Jahrgänge der Schweizer Weingeschichte keltern – Tropfen, die international mit Medaillen prämiert werden.

Hermann Schwarzenbach blickt stolz auf seine Rebstöcke. «Auf diesen Wein freue ich mich ganz besonders», sagt der Besitzer des Weinguts Reblaube in Meilen. Unten schimmert der Zürichsee, im dunstigen Hintergrund ragt die Meilener Kirche in den Himmel, es ist bewölkt. Schwarzenbach weiss: Er wird einen Jahrhundertjahrgang keltern, der selbst einen Tropfen aus dem Burgnd in den Schatten stellenn könnte.

Wir stehen in einer rund eine Hektare grossen Parzelle mit Namen «Chorherren» – eine der besten Lagen seines zerstückelten Weinguts. Aus den «Chorherren»-Trauben kelter Schwarzenback rund 2.000 Flaschen Wein. Tief dunkelviolett schimmern die Pinot-Noir-Beeren unter dem grünen Blattwerk hervor, bald wird sich dieses verfärben. Der Herbst steht bevor, für den Winzer beginnt die arbeitsintensivste Zeit des Jahres: die Weinlese, wenn er die Früchte seiner Arbeit einbringt und verarbeitet.

Schwarzenbach, der das Weingut in vierter Generation führt, ist einer der wenigen Deutschschweizer Winzer, der in der Weinbiebel schlechthin, dem «grossen Johnson», erwähnt wird. Seine Weine gelten als erstklassig, besonders die Traubensorte Pinot Noir hat es ihm angetan.

Summer of 2009
Schwarzenbach nimmt eine Traube mit prallen, saftigen Beeren in die Hand, sie verschwindet beinahe in seiner Pranke. «Sehen Sie sich die Beeren an, sie sind alle gelcihmässig ausgereift», erkäutert er. Das sei das Ergebnis des hervorragenden Sommers.

Dieser begann mit einem übermässig warmen Mai gefolgt von einem zu warmen Juni. «Schon im Juni hatten wir einen Vorsprung von rund zehn Tagen», weiss Werner Siegfried, Leiter der Rebbauversuche in der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil. Frühes Wachstum bedeutet eine längere zeit für die Reifung der Trauben, was wiederum zu kräftigeren Weinen führt. Der regenreiche Juli und die erste Hälfte August bremsen den Prozess zwar, dafür wurden die Weinstäcke mit ausreichend Wasser versorgt. Als der Sommer Mitte August richtig abhob, war die Grundlage für einen perfekten Tropfen gelegt. Und diese nicht nur am Zürichsee: Auch im Wallis, der Bündner Herrschaft, dem Tessin und im Rest der Wein-Schweiz können sich Winzer auf erstklassige Trauben für die Kelterung freuen.

Für Schwarzenbach gibt es ein zusätzliches Zeichen, das den guten Sommer bestätigt: Vreneli's Gärtli, das Schneefeld auf dem Glärnisch. «Wenn das Schneefeld vollständig verschwindet, wie im Sommer 2003, war der Sommer wirklich heiss», sagt er. «Dieses Jahr liegt noch ein ganz kleiner Fleck Schnee.» Wir würcen deshalb in der Schweiz auf ein Spitzenjahr zusteuern. Ausser, es tritt jetzt noch eine meteorologische Katastrohpe ein.

Steine aus dem Himmel
«Hagel wäre ein absolutes Desaster», sagt der Forscher Siegfried. Je reifer die Beeren, umso empfindlicher werden ihre Häute. Hagelkörner («Steine», wie der Winzer Schwarzenbach sie nennt) würden mit der empfindlichen Frucht kurzen Prozess machen. Die Wahrscheinlichkeit für Hagel im September ist laut Siegfried allerdings gering. «Auch ein Kälteeinbruch mit Temperaturen von unter sechs Grad könnte zum Problem werden», ergänzt er. Dann würden die Rebstöcke nämlich zu früh auf Winter umstellen und die Trauben könnten nicht vollständig ausreifen. Doch selbst wenn es Petrus gut meint, sind die Winzer noch nicht aus dem Schneider.

«Wegen dem sehr warmen August haben wir dieses Jahr ein grosses Wespen-Problem», sagt Schwarzenbach und zeigt eine Weintraube mit bran verschrumpelten Beeren zwishcen den gesunden Früchten. Die Wespen zerbeissen die Haut unt hinterlassen Essig-Bakterien – die beste Voraussetzung fürs Verfaulen der angeknabberten Beere. «Bleibt das Wetter schön – und die ganze Traube beginnt zu verfaulen. Für Schwarzenbach hätte eine Kaltphase deshalb auch Vorteile: Er würde die Fressgier der geflügelten Biester bremsen.

Mit Kälte ist vorerst aber nicht zu rechnen – im Gegenteil: Der Spätsommer mit warmen Tagen und kühlen Nächten erweist sich für das Ausreifen der Trauben geradezu als ideal. «Die Wechsel sorgen bei den Beeren für mehr Aroma», verdeutlicht Schwarzenbach. Die Trauben enthalten mit dem Ausreifen genügend Zucker, der dem Wein Körper und Gehalt gibt und ihn zum Trinkgenuss macht. Und die restliche Säure wird den Tropfen haltbar machen, so dass er nicht nur gelagert werden kann, sondern über die Jahre noch runder wird.

Alle Zeichen weisen deshalb auf ein absolutes Spitzenjahr hin, das selbst den Jahrhundertjahrgang 2003, ider mit deftigen, aber kurzlebigen Weinen aufwartete, alt aussehen lassen könnte. Und nicht nur das: Schon in den letzten Jahren auf Medaillenkurs, dürften Schweizer Weine auch mit dem 2009er ein paar zusätzliche Auszeichnungen einheimsen. Defintiv wissen werden es die Konsumenten, wenn nächsten Frühling die ersten Weissen und im Herbst 2010 die ersten Roten auf den Markt kommen.

Quelle: Jan Graber, Tages-Anzeiger, 22.09.2009

Aus den Regionen:

Im Wallis erstreckte sich die Ernte über fünf Wochen. Zahlreiche Domänen konnten um 1100 Gramm voll ausgereifte Trauben pro Quadratmeter lesen. Die meisten Traubensorten wiesen Öchslegrade über 100 Punkten aus.?
Die Zentralschweiz verzeichnet eine höchst erfreuliche Weinlese. Insgesamt wurde aus den geernteten Trauben 5080 Hektoliter Wein gekeltert. Dies entspricht rund 4,4 Prozent der gesamtschweizerischen Produktion.

Rebflächen und Ernte

Kanton Fläche in Aren Ernte in hl
Wallis 509’234.38 449’733.54
Waadt 381’861.48 290’500.91
Genf 129’213.00 94’098.53
Tessin 103’982.90 58’987.09
Zürich 61’376.00 36’822.62
Neuenburg 59’110.57 36’117.38
Schaffhausen 47’750.10 30’749.82
Graubünden 42’055.61 25’400.00
Aargau 39’854.72 23’489.70
Thurgau 26’325.00 12’835.16
Bern 24’176.45 16’978.50
St. Gallen 21’468.12 10’607.70
Freiburg 11’687.33 9’066.94
Basel Land 11’382.39 6’630.29
Luzern 4’124.24 2’073.54
Schwyz 3’814.48 2’709.50
Mesolcina (GR) 2’900.49 1’261.55
Jura 1’365.02 556.29
Solothurn 834.23 436.89
Appenzell 483.76 122.89
Basel Stadt 478.81 325.24
Zug 205.31 145.74
Glarus 174.30 116.82
Gesamt 1’484’132.62 1’109’916.94

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Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft


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