2021-01-27

Der Winzer und sein borstig’ Kerl

Quereinsteiger Patrick Thalmann hat sein Ziel erreicht und keltert im nördlichen Zürcher Weinland Weine der Spitzenklasse.

Patrick Thalmann ist die treibende Kraft der Winzerei zur Metzg in Ossingen/ZH. Deren Weine werden in den besten Restaurants serviert. (Bild zVg)

Hinter jedem guten Wein steckt eine spannende Geschichte. Weil Patrick Thalmann zahlreiche Spit-?zenweine keltert, weiss er auch viel Interessantes zu erzählen. Bevor von seinen Weinen die Rede ist, fasst er zusammen, wie es zur Winzerei zur Metzg in Ossingen/ZH kam. Das können Sie hier lesen oder auf Youtube anschauen: Video 1, Video 2.

«Ich liebe es, mich mit Freunden auf einen feinen Znacht zu treffen und eine gute Flasche Wein zu trinken.» Dass dies coronabedingt nicht möglich ist, ärgert Patrick Thalmann heute genauso wie die Tatsache, dass zu Beginn der Nullerjahre kaum guter Weinländer Wein zu finden war. Damals konnten der studierte Wirtschaftsinformatiker und seine Freunde etwas verändern. «2009 vinifizierten wir in einer Doppelgarage unseren ersten Wein. Ein Jahr später war die bereits zu klein, und wir fanden per Zufall Räume in einer ausgedienten Metzgerei», erzählt Thalmann. So kam es zum heutigen Namenselement «Zur Metzg». Die Bezeichnung Winzerei, der erste Teil des Namens, wurde aufgrund der damaligen Grösse gewählt. Weingut wäre zu dieser Zeit auf keinen Fall passend gewesen.

Handwerk ist Erfahrung
Zu Beginn experimentierten die Freunde viel. Einiges gelang ihnen nicht, vieles haben sie jedoch richtig gemacht. Ab Jahrgang 2013 schreiben sie Geschichte mit einzigartigen Weinen in typischer «Winzerei zur Metzg»-Stilistik: filigrane Terroir-Weine.

«Wir scheuen keinen Aufwand», sagt Patrick Thalmann. Während in 2020 viele Winzer die Ernte hinauszögerten, haben wir in drei Chargen gelesen. Bei den weissen wie den roten Sorten gab

«Ausgewogenheit ist eine Stilistik,
nicht eine Frage der Herkunft.»

Patrick Thalmann,?Winzerei zur Metzg

es eine Vor-, eine Haupt- und eine Nachlese. «Damit retteten wir viel Frische und Frucht in den Wein.» Die meisten Weine gären und reifen während 12 bis 30 Monaten in neuen Barriques oder solchen der zweiten Füllung. Die 228-Liter-Fässchen kauft er in Frankreich oder lässt sie aus Schweizer Eiche, zum Beispiel aus einem Wald in Ellikon, herstellen.

Pinot Noir der Königsklasse
Das viele neue Holz versteckt sich in allen Weinen hinter opulenter oder filigraner Frucht. Räuschling Borstig’ Kerl, Sauvignon Blanc und Chardonnay M.?p.?R. (meine private Reserve) zeigen die Charakterzüge der jeweiligen Sorten, die sich mit zunehmender Flaschenreife akzentuieren. Von den raren Weissweinen gibt es pro Sorte je nach Jahrgang lediglich 900 bis 1100 Flaschen.

Grosses Kino sind die fünf Pinot Noir. Deren Unterschiede sind weniger vom Jahrgang als vom Terroir bestimmt. So ist der «Kirschberg» ein femininer, filigraner Einzellagenwein, intensiv nach Kirschen duftend. Straff, dicht, etwas wild oder eben «borstig» gibt sich der «Borstig’ Kerl» mit dem Schwein auf der Etikette. Als Junior – der Kleine vom Grossen nennt Patrick Thalmann den Zweitwein des «Borstig’ Kerl» aus jüngeren Reben. Er ist etwas schlanker, frischer, waldbeeriger und hat eine feine Würze. Wie alle Weine presst Patrick Thalmann auch den PMG (pour ma gueule/für meinen Geschmack) auf der Korbpresse. Der Lieblingswein des Teams hat ordentlich Fleisch am Knochen und wird nur in besten Jahren vinifiziert. Der WZM mit den Initialen der Winzerei zur Metzg gilt als Königsklasse mit Aromenvielfalt, Opulenz und unendlicher Finesse.    

Gabriel Tinguely



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